Ich habe gestern einen sehr interessanten Artikel über eine Unterhaltung mit einem Blinden gelesen, die das Thema Kino hatte. Dort schildert der Blinde wie er den Besuch eines Kinos wahrnimmt.
Kino für Blinde – So „sehen“ Blinde den Film
In dem Artikel schildert Heiko Kunert, der von Geburt an blind ist mit 7 Jahren erblindet ist, wie er jedes Mal im Kino den Film wahrnimmt und wie er selber die Bilder in seinem Kopf zusammensetzt. Für mich war das etwas ganz neues, was ich mir zuvor so nicht vorstellen konnte. Es ist sehr interessant, wie ich finde, zu lesen, wie blinde Menschen einen Film im Kino wahrnehmen, wo dies doch für uns Sehende so selbstverständlich ist.
Der Ausgangspunkt der Unterhaltung ist der Film „Die Stadt der Blinden„, in dem versucht wird das Thema Blindheit darzustellen. Während der Unterhaltung wird auch das Angebot von einzelnen Kinos angeschnitten, die für Sehgeschädigte extra Kopfhörer anbieten, auf denen Erzählungen zum Film abgespielt werden, die es dem blinden Menschen ermöglichen den Film besser zu verstehen und sich die einzelnen Szenen vorstellen zu können. So werden zwischen den Dialogen die Umgebung sowie die Handlungen der Charaktere dargestellt.
Filme für Blinde – Es gibt diese und diese
Gegen Ende der Unterhaltung schildert Heiko Kunert, dass es sehr unterschiedliche Qualitäten von Filme in Hinsicht auf Eignung für Sehgeschädigte gibt. So ist es meist bei Komödien schwerer diesen zu folgen, da dort viel mit Mimik und Gestik agiert wird. Im Gegensatz dazu sind Filme mit vielen Dialogen sehr gut für Blinde „erhörbar„, da dort die meiste Handlung mit Sprache vermittelt wird. Interessant fand ich auch, dass Heiko erwähnt, dass ihm natürlich Filme, in denen viel gesprochen werden als vermeidlich besser in Erinnerung bleiben als Filme, die andere wegen ihren guten Verfolgungsszenen loben. Genannt hat er hier beispielsweise die Filme „Big Lebowski“ und „No country for old Men“.
Als Abschluss möchte ich noch eine kleine Passage zu dem Artikel erwähnen, die sehr gut den Unterschied von sehen und blind sein im Kino ausdrückt:
Für mich ist ein Film etwas ganz anderes als für Dich. Für mich spielt viel mehr die Fantasie eine Rolle. Aus Geräuschen, Stimmen und Musik setze ich mir ein „Bild“ zusammen. Gelegentlich schließe ich das Geschehene erst aus der Folgeszene, weil rein akustisch z.B. nicht sofort klar war, wer jetzt wen erschossen hat.
Ich hatte mal das Glück mit einem Blinden meinen Urlaub zu verbringen was bis heute eins der besonderen Erlebnisse meines Lebens war. Wie leicht sich mein Bekannter damals zurecht fand. Er konnte sogar Karten spielen mit extra markierten Karten…
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie Blinde im Alltag so leicht zurecht kommen. Wenn man versucht die einfachsten Sachen mit geschlossenen Augen zu erledigen ist es eine enorme Herausforderung, wie ich finde.
Ich frage mich seit Jahren bereits, wie sieht eine virtuelle Vorstellung eines Blinden aus? Errinnerungen sind bei uns Sehenden ja zum größten Teil in Bildern verpackt.
Lg
Server Freak
Ich glaube dass visuelle empfinden eines blinden bei Filmen auch stark davon abhängt, ob der Blinde seit Geburt an blind ist oder es durch einen Unfall zb. kam. Ich bin der Überzeugung das blinde in Ihrer Fantasie viel farbenfroher sind als die meisten mit den Augen sehenden Menschen.
grüße aus München
Das kann ich mir auch sehr gut vorstellen. Sowas merkt man ja schon bei Buchverfilmungen. Dabei wird die Fantasie auch beraubt und man bekommt ein fest definiertes Bild vorgesetzt. Dies ist bei blinden Menschen nie der Fall, daher werden diese wohl oft auch eine ausgeprägtere Fantasie haben.
ich finde das thema enorm spannend, weil das seherlebnis wahrscheinlich ein ganz anderes, aber dennoch sehr ähnliches ist. musik und soundeffekte spielen für blinde natürlich eine wesentlich wichtigere rolle und sind als medium der emotionen vielleicht noch wirksamer. ich werde am wochenende zumindest mal den selbstversuch starten. augen zu und durch 😉
Solch ein Versuch ist sicherlich sehr spannend. Ich würde mich freuen, wenn du von deinem Versuch hier berichten würdest. Vielleicht mache ich auch mal solch ein Experiment.
Kino für Blinde ist ein sehr interessantes und (leider) stark vernachlässigtes Thema.
Was seit Jahren im Fernsehen schon genutzt wird durch spezielle Tonspuren mit Audiodeskription, ist im Kino nur sehr selten zu finden. Die zusätzliche Vertonung eines Kinofilmes kann eigentlich bei den großen Produktionen nicht so ins Gewicht fallen, zumal sich die großen Studios ein noch (fast) unerschlossenes Publikum sichern könnten.
Ein weiterer Punkt: Ein Blinder konzentriert sich auf seine anderen Sinne, die Fantasie ist stärker ausgeprägt als bei so manchem Sehenden…
Vielen Dank für diesen Beitrag, ich werde dieses Thema in einem meiner nächsten Artikel aufgreifen.
Gruss
Manfred